EUROPAS NEUES ERBRECHT - DEUTSCHES RECHT WÄHLEN
Am 17. August 2015 ist in der Europäischen Union - mit Ausnahme von Dänemark, Großbritannien und Irland - die Europäische Erbrechtsverordnung in Kraft getreten.
Sie gilt für alle Erbfälle mit Auslandsbezug, die ab diesem Tag eintreten. Geregelt wird in dieser Verordnung, welches nationale Recht gilt, wenn der Erbfall in irgendeiner Weise etwas mit ausländischem Vermögen oder ausländischen Personen zu tun hat. Die gravierendste Änderung ist hierbei, dass zukünftig nicht mehr an die Staatsangehörigkeit des Erblassers angeknüpft wird, sondern an dessen gewöhnlichen Aufenthalt. Aus deutscher Sicht dürfte dies in der Praxis vor allem die „Grenzgänger“ sowie die ausländischen Mitbürger betreffen, die seit Jahrzehnten ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Mit deutschen „Grenzgängern“ sind nicht nur solche gemeint, die in unmittelbarer Grenznähe hin und her pendeln, also zum Beispiel der Deutsche, der in Karlsruhe arbeitet, aber in Straßburg wohnt, sondern beispielsweise auch die sogenannten „Mallorca-Rentner“. Damit sind diejenigen deutschen Staatsangehörigen gemeint, die vorwiegend im Alter in zeitlich mehr oder minder begrenztem Umfang dem hiesigen Winter entfliehen und im südlichen Ausland, oftmals sogar in einer eigenen oder dauerhaft angemieteten Immobilie, leben. Aufgrund der mittlerweile billigen Flugverbindungen wird regelmäßig auch über größere Distanzen hin und her gependelt.
Dann stellt sich im Erbfall die Frage, wo der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat. War dies Mallorca, gilt spanisches Erbrecht, und zwar für den gesamten Nachlass, also auch für in Deutschland befindliches Vermögen. Es entscheidet also der tatsächliche Lebensmittelpunkt. Wo der Erblasser polizeilich gemeldet war, ist irrelevant. Was genau unter dem gewöhnlichen Aufenthalt zu verstehen ist, definiert die Erbrechtsverordnung nicht. Letztendlich wird hier der europäische Gerichtshof in einigen Jahren Rechtsklarheit schaffen. Bis dahin besteht eine Rechtsunsicherheit, die Rechtsstreitigkeiten zwischen potentiellen gesetzlichen oder testamentarischen Erben geradezu provoziert. Deshalb ist jedem deutschen Staatsbürger, der sich über das Jahr hinweg länger im Ausland aufhält, dringend anzuraten, durch eine sogenannte Rechtswahl deutsches Erbrecht zu wählen, wenn er dies wünscht. Dies kann durch einfaches handschriftliches Testament erfolgen oder in notarieller Form.